Zwei Jahre Rot-Weiß
 
• Regionalliga 2000/2001
 
• Zweite Liga 2004/2005
Teil 4: Vitamin B
 
 

 

 

 
2004/2005-Teil 4: Vitamin B
 
23. RW Essen - Wacker Burghausen 1:2
24. Eintracht Frankfurt - RW Essen 1:0
25. RW Essen - Karlsruher SC 2:1
26.1.FC Köln - RW Essen 0:0
Tabellenstand
RWE steht auf Platz 15
 
27. Spieltag RWE - Dynamo Dresden, 01.04.2005
Friede, Freude, Rot-Weiß Essen

Bei RWE haben sich neuerdings alle lieb. Das Team harmoniert. Der Trainer ist glücklich mit seiner Mannschaft. Und die Fans lieben Team und Trainer. So’n Scheiß. Gibt’s kein Haar in der Suppe?

Zum Thema Haar fällt mir ein, dass ich in meinem letzten Beitrag zum Spiel gegen Burghausen Weltuntergangsstimmung verbreitet habe, weil mein Friseur dicht gemacht hat. Hier ist die gute Nachricht für alle, die dieses Jahr schon ihren Urlaub gebucht haben: Der Weltuntergang ist abgesagt worden. Die Welt wurde gerettet - von einer Friseuse. Von wem auch sonst?

Für das Spiel gegen Dynamo Dresden brauchte ich unbedingt einen neuen Friseur. Denn bekanntlich gewinnt RWE jedes Heimspiel, wenn ich kurz zuvor einen Teil meiner Haare den Fußballgöttern opfere. Nur gegen Burghausen ging das schief, weil mein Friseur zumachte.

Bei der Entscheidung, wo ich mein Haar opfern würde, habe ich mich vom Entscheidungsfindungsprozess großer deutscher Unternehmen inspirieren lassen. Zunächst wurden die entscheidenden Variablen untersucht: Preis, Anfahrtsweg, durchschnittliche Wartezeit, Qualität der ausliegenden Zeitschriften, Zahl der Schnittwunden usw. Dann habe ich im echten Managerstil all diese Fakten vom Tisch gewischt und bin einfach zum nächsten Friseur gegangen, der von außen einen genauso altmodischen Eindruck machte wie mein voriger.

Wie der 2:1-Sieg gegen Dynamo Dresden zeigt, habe ich alles richtig gemacht. So wie Trainer Jürgen Gelsdorf inzwischen alles wieder richtig macht. Ob er auch den Friseur gewechselt hat? Die Mannschaft spielt wieder erfolgreichen Zweitligafußball: Kämpferisch stark in der Defensive und mit den spielerischen Mitteln, eine Abwehr auszuhebeln, in der Offensive.

Dabei stand gegen Dresden fast eine Regionalligamannschaft auf dem Platz. Acht Spieler der Startformation waren bereits letzte Saison dabei. Davon drei sogar nur als Edelreservisten, die sich nun in der zweiten Liga hochgearbeitet haben: Torwart René Renno sowie die Defensivkräfte Philipp Haastrup und Ramazan Yilderim.

Damit ist das Haar in der Suppe gefunden: RWE hat im Laufe der Saison 17 neue Spieler verpflichtet. In einem entscheidenden Spiel, in dem wirklich nur ein Sieg zählte, spielten gerade mal drei. Man hätte vielleicht bei solch wirtschaftlich wichtigen Fragen wie den Spielereinkäufen meine neue Friseuse zu Rate ziehen sollen. Die versteht nämlich was von Wirtschaft.

Nachdem ich mich in langen Jahren an meinen schweigenden Friseur gewöhnt hatte, wurde ich diesmal mit wirtschaftspolitischen Fragen konfrontiert: die Absahnermentalität der Deutschen, der Euro und das Gesetz, das Biergärten erst im April gestattet, ihre Pforten zu öffnen. Zum Glück kann ich ein wirtschaftswissenschaftliches Studium vorweisen, so dass ich einigermaßen mitreden konnte. Die Fußballgötter waren auf jeden Fall zufrieden und ließen RWE relativ ungefährdet gewinnen.

Nicht zufrieden sind die Fußballgötter hingegen mit Francis Kioyo. Ja, der berühmte Löwenkiller aus Kamerun, der mit einem verschossenen Elfmeter den Abstieg der 60er besiegelte. Nun ist er bei RWE und versemmelt mittlerweile eine Großchance nach der anderen. Das hinderte die Rot-Weiß-Fans nicht daran, ihn in der 80. Minute bei seiner Auswechselung mit kräftigem Applaus zu verabschieden.

Man hat sich eben lieb bei RWE nach 7 Punkten in den letzten drei Spielen. Die Aussichten sind nun gar nicht übel. Die nächste Auswärtsaufgabe ist in Saarbrücken, wo sogar die auswärtsschwächste Mannschaft - nämlich Dresden - gewonnen hat. Und dann folgt ein Doppelpack Heimspiele gegen RWO und Aachen.

Mit etwas Glück und einer tüchtigen Friseuse könnt’s was werden mit dem Klassenerhalt. An mir soll’s nicht scheitern. Vor meinem nächsten Friseurbesuch werd ich noch mal meine alten Wirtschaftslehrbücher studieren.

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27. RW Essen - Dynamo Dresden 2:1
28. 1.FC Saarbrücken - RW Essen 0:0
29. RW Essen - RW Oberhausen 2:2
Tabellenstand
RWE weiter auf Platz 15
 
30. Spieltag RWE – Alemannia Aachen, 22.04.2005
Vitamin B fürs schwache Glied

Eine alte Redensart im Fußball besagt „Der Trainer hat das schwächste Glied“, und so hat RWE nach zwei schlaffen Punkten in den drei letzten Spielen die Konsequenzen gezogen: Jürgen Gelsdorf raus, Uwe Neuhaus rein.

Nach dem Sieg gegen Dynamo Dresden vor drei Wochen schien alles eitel Sonnenschein. Doch mit dem 0:0 bei den Serienverlierern in Saarbrücken bekam die Sonne erste Flecken. Das 2:2 zu Hause gegen den Tabellenletzten RWO nach 2:0-Führung glich bereits einer partiellen Sonnenfinsternis.

Zu passiv hatte RWE auf Weisung Gelsdorfs in der zweiten Halbzeit gegen Oberhausen agiert. Auf Unverständnis stießen seine Entscheidungen, Kapitän Goldbaek nicht spielen zu lassen und lieber mit Schoof einen Stürmer zu bringen, der sämtliche Torgefahr im Keim erstickte.

Nun sieht es reichlich blöde aus, wenn man einen Trainer nach fünf Spielen ohne Niederlage entlässt, weil seine Mannschaft zu dämlich ist, ein 2:0 in den letzten zehn Minuten über die Runden zu schaukeln. Also stärkte der Vorstand Jürgen Gelsdorf den Rücken und sorgte hinter selbigem schon mal vor für das Heimspiel gegen Aachen.

Der 2:0-Sieg der Alemannia am Freitagabend war zu keiner Zeit gefährdet. Trotzdem schrie niemand „Gelsdorf raus“. Es war eher verdächtig still, als das RWE-Team zeitweise vorgeführt wurde.

Die Stille endete eine Dreiviertelstunde nach Spielschluss. Um 21.30 Uhr klingelte bei Uwe Neuhaus das Telefon. Dieser war gerade erst zu Hause angekommen, weil er - Zufall, Zufall - das Spiel im Georg-Melches-Stadion gesehen hatte. Einen Tag später war Uwe Neuhaus Trainer von Rot-Weiß Essen.

Aus dem RWE-Forum:
„Ich bitte um Hilfe. Warum Neuhaus? Kann mir das bitte einer erklären? Ich habe nichts gegen den neuen Trainer, aber einer muss doch gesagt haben: Der ist der Richtige. Aber warum?“

Ja, warum eigentlich? Seine Verdienste als Trainer können es nicht sein, die den RWE-Vorstand dazu bewegt haben, ihn kurz vor Saisonschluss zu engagieren.

Erst in dieser Saison übernahm Uwe Neuhaus die Amateurvertretung von Borussia Dortmund in der Regionalliga. Im Unterschied zu Jürgen Gelsdorf hat er eine grottenschlechte Rückrunde zu verantworten. Die Bilanz: 11 Spiele, 8 Punkte, 5:15 Tore. Der gute Mann war drauf und dran, die BVB-Amateure in die Oberliga herunterzuwirtschaften.

Davor fungierte er beim BVB sechs Jahre als Co-Trainer bei den Profis unter Matthias Sammer und Michael Skibbe. Michael Skibbe? Da war doch was. Genau:

Am 18. Juli 1982 wurde die B-Jugend von Wattenscheid 09 Deutscher Meister. 6000 Zuschauer im Wattenscheider Lohrheidestadion sahen das 3:1 gegen Eintracht Frankfurt. Die Torschützen: Michael Skibbe (2) und Dirk Kontny.

Dirk Kontny? War da nicht was? Genau: Dirk Kontny hat einen Bruder Frank, der 1982 mit der Wattenscheider A-Jugend von Wattenscheid 09 Westfalenmeister wurde. Und zusammen spielten die beiden in der Mannschaft, die 1990 den Aufstieg in die Erste Bundesliga schaffte. Frank Kontny ist inzwischen der so genannte Sportliche Leiter bei Rot-Weiß Essen. Und wer spielte noch in der Wattenscheider Aufstiegsmannschaft mit? Bingo: Uwe Neuhaus.

Nicht Qualifikation und Erfolge haben über den neuen Trainer entschieden, sondern das berühmte Vitamin B. Es gibt allerdings auch etwas, das für Uwe Neuhaus spricht:

„Ich will jedes Spiel gewinnen“, ist sein Motto. Das ist wirklich ein Bruch mit der Tradition in Essen. Jahrelang stellten die RWE-Verantwortlichen nur Trainer ein, die nach der Maxime „Sicherheit zuerst“ vor allem nicht verlieren wollten. Letztlich mussten sie alle aus demselben Grund wieder entlassen werden. Die Drei-Punkte-Regel bestraft solch eine Strategie, die fast zwangsläufig in zahllosen Unentschieden endet, gnadenlos.

Dass nun die üblichen Einstellungskriterien über Bord geworfen werden, ein Trainer ohne vorherige Führungsverantwortung für eine Profimannschaft ausschließlich per Vitamin B eingestellt wird, lässt auf eine ziemliche Orientierungslosigkeit schließen. Die Angst vor dem Abstieg ist riesig. Denn anscheinend hängt das Vorhaben Stadionneubau, bei dem sich der Vorstand weit aus dem Fenster gelehnt hat, entgegen anderslautenden Aussagen im letzten Jahr vom Verbleib in Liga zwei ab.

Aber Rolf Hempelmann, der Präsident von RWE, ist auch ein erfahrener Politiker. Geht das Experiment schief, kann er darauf verweisen, sowohl dem alten Trainer ausreichend Zeit gegeben als auch gehandelt zu haben. Dass Jürgen Gelsdorf den Klassenerhalt bei einem Punkt Abstand zum rettenden Ufer und zwei ausstehenden Spielen gegen direkte Konkurrenten selbst hätte schaffen können, kann niemand mehr beweisen. Und sollte es gut gehen, hat Rolf Hempelmann alles richtig gemacht. Der Mann ist auf alle Fälle fein raus. Ein Politiker eben.

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30. RW Essen - Alemannia Aachen 0:2
31. TSV 1860 München - RW Essen 0:0
Tabellenstand
RWE ist immer noch 15.
 
32. Spieltag: RWE - Greuther Fürth, 08.05.05
Was das Allertraurigste ist

RWE hat nach dem 0:2 gegen Fürth nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt. Das ist traurig, aber nicht das Allertraurigste.

Eine Mannschaft, die im Laufe der Saison nur kurzzeitig mal an Platz 13 schnuppert und sich sonst auf den Abstiegsplätzen tummelt, die selbst 2:0-Führungen in den letzten zehn Minuten noch vergurkt, steigt verdientermaßen ab. Diese Bilanz ist traurig, aber nicht das Allertraurigste.

Ein Verein, der kurz vor Saisonschluss einen erfahrenen Trainer (Gelsdorf) durch einen Neuling (Neuhaus) ersetzt, dessen wichtigste Qualifikation zu sein scheint, mal mit dem Manager (Kontny) in einer Mannschaft gekickt zu haben, ist traurig, aber nicht das Allertraurigste.

Ein Trainerneuling, der das letzte Spiel unter seinem Vorgänger öffentlich als das schlechteste bezeichnet, das er seit langem gesehen hat und mit seiner Mannschaft zwei Wochen später diese Leistung in negativer Hinsicht bei weitem übertrifft, ist traurig, aber nicht das Allertraurigste.

Spieler, die in einem vorentscheidenden Spiel gegen den Abstieg in einer Art und Weise Sommerfußball zelebrieren, dass man glauben muss, die meisten hätten bereits Verträge bei anderen Teams in der Tasche, sind traurig, aber nicht das Allertraurigste.

Dass Fans, die sieben lange Jahre auf die zweite Liga gewartet haben, im Laufe der Saison Tausende von Kilometern gereist sind, immer wieder Rückschläge einstecken mussten und doch die Hoffnung nie aufgaben, derart enttäuscht werden, dass sie am Schluss der Partie sich selbst und ihren Verein mit „Nie mehr zweite Liga“ verhöhnen, das ist nicht nur traurig, das ist das Allertraurigste.

Doch der Witz ist: Nicht mal drei Stunden nach dieser völlig desillusionierenden Pleite wurde im RWE-Fan-Forum der Thread „In Ahlen gewinnen und wir bleiben drin!“ eröffnet. Dort findet man bereits wieder allerlei Gedankenspiele, wie es doch noch zu schaffen ist. Die alte Dame namens Hoffnung lässt sich nicht so einfach von der Brücke schubsen.

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32. RW Essen - Greuther Fürth 0:2
33. LR Ahlen - RW Essen 3:1
34. RW Essen - SpVgg Unterhaching 0:1
Tabellenstand
RWE ist am Ende 17.
 

Werden sehen

Nun ist es also passiert: Nach einem Jahr zweite Liga muss RWE wieder eine Etage tiefer. Natürlich ist die Aufregung groß, Schuldige werden gesucht, doch worüber regt man sich eigentlich auf?

Elf der letzten 15 Jahre hat RWE in der dritten und vierten Liga verbracht. Der Anspruch dort nicht hinzugehören resultiert immer noch aus den 70er- und 80er-Jahren. Tatsächlich sind nur zwei Bereiche bei RWE überhaupt zweitligatauglich: Die Fans und der finanzielle Aufwand, der jede Saison betrieben wird – wenn auch meist vergeblich.

So resultiert die ganze Aufregung einerseits aus fehlgeleitetem Anspruchsdenken, andrerseits gibt’s aber auch viele Leute, die sich erst so richtig lebendig fühlen, wenn sie sich aufregen können.

Das war zumindest mein Eindruck, wenn ich in den vergangenen Monaten die Kommentare im RWE-Fanforum nach einer Niederlage las. Da reichten 90 Minuten, um jahrelange Arbeit infrage zu stellen. Von Dankbarkeit keine Spur: Egal wie lang ein Spieler für Rot-Weiß gekämpft hatte, der Stempel „Nicht zweitligatauglich“ war schnell zur Hand. Und wer noch keinen Bonus hatte, war bereits nach 45 Minuten erledigt, wie Neutorhüter Wulnikowski im ersten Spiel gegen Aue.

Dabei geht es auch anders. Meine aktive Fußballerzeit liegt schon lange zurück, aber komischerweise kann ich mich an die Saison am besten erinnern, in der ich kaum gespielt habe. Das war die Spielzeit, die mein Bild vom Fußball für immer verrückte:

Gleich zu Anfang gingen unsere beiden Besten kurz vor der Wechselfrist von Bord: Ferdi, unser 30-Tore-Mittelstürmer, dem wir fast unseren Aufstieg in die Bezirksliga zu verdanken gehabt hätten und „Unser Netzer“, ein ehemaliger Oberligakicker Mitte 30, entschieden sich für ein paar Moneten mehr woanders anzuheuern.

Unsere Aufstiegsambitionen konnten wir damit in die Tonne kloppen. Die Motivation sank auf Nullkommanull. Und was sagte unser Trainer? Unser Trainer sagte: „Werden sehen.“

Ali, wie wir ihn nannten, weil seinen Nachnamen niemand unfallfrei aussprechen konnte, soll mal Co-Trainer in der ersten türkischen Liga gewesen sein. Er war kein Mann vieler Worte, zumindest nicht vieler deutscher Worte. Erst gegen Ende der Saison verstand ich, warum ihn der Abgang unser beiden besten Spieler so kalt lassen konnte.

Wie nicht anders zu erwarten, gingen wir in den ersten Spielen gnadenlos ein, doch dann passierte ein kleines Wunder. Unmittelbar neben dem Platz stand eine Asylbewerbersiedlung. Eines Abends kamen drei Schwarze beim Training rüber, fragten ob sie mittrainieren dürften. Ali hatte nichts dagegen, Trainingsbeteiligung war eh schwach, und danach haben wir die Kinnladen nicht mehr hoch gekriegt.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht mehr weiß, aus welchem afrikanischen Land die drei geflüchtet waren. War’s Zaire oder Togo? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall waren sie ehemalige Nationalspieler. Und was die drauf hatten, Mannomann.

Da sie vorher nicht in Deutschland in einem Verein gespielt hatten, konnten wir sie nachmelden. An das Ergebnis des ersten Spiels mit unserer neuen schwarzen Macht kann mich wiederum gut erinnern: Wir gewannen 12:1. Zeze, unser neuer Mittelstürmer, machte einen doppelten Hattrick und ich verschuldete den Elfmeter zum Ehrentreffer.

Was danach folgte, war ein einziger Rausch. Die meisten Spiele erlebte ich nur von der Ersatzbank aus, aber was ich da sah, war besser als Brasilien im Fernsehen. Wir legten eine Siegesserie hin, die sich gewaschen hatte, und mit der Zeit ließ sich der Rest der Mannschaft von der technischen Eleganz unserer Afrikaner anstecken. Nie wieder - egal in welcher Liga - habe ich einen deutschen Abwehrspieler gesehen, der sich erfolgreich aus einer kniffligen Situation an der Eckfahne per Hackentrick durch die Beine seines Gegenspielers befreite.

Das Komische war, dass unser Trainer sich überhaupt nicht anmerken ließ, ob er genauso viel Spaß an unserem Fußball hatte wie wir. Als ich ihn bei der Weihnachtsfeier darauf ansprach, wie sich alles zum Guten gewendet hätte, was sagte unser Trainer da? Ali sagte: „Werden sehen.“

In der Rückrunde holten wir langsam den verpatzten Saisonauftakt wieder auf. Das Spiel gegen den Tabellenführer hatten wir noch in der Hinterhand. Nachdem es Ende Februar ausgefallen war, sollte es am 1. Mai nachgeholt werden.

Bis dahin kamen wir auf drei Punkte ran, unser Torverhältnis war unschlagbar - irgendwas mit 100:20 oder so. Und dann passierte es: Bomaye, unser Linksaußen-Knoten-in-die-Beine-spielen-Genie, und Zeze prallten im Abschlusstraining zusammen, blieben mit schmerzverzerrten Gesichtern liegen.

Ali und ich fuhren die beiden zum Krankenhaus. Diagnose: Bänderriss. Alle beide. Als der Arzt uns das mitteilte, guckte ich meinen Trainer an und fragte: „Und was jetzt?“ Was sagte Ali? Klar, Ali sagte: „Werden sehen.“

Ich geb zu, ich war nahe dran, an seinem Verstand zu zweifeln, bis mich unser Ersatztorwart während des großen Spiels auf einige Zuschauer aufmerksam machte. „Ist das nicht der Trainer vom VfL?“, fragte er mich. Ja, das war der Trainer vom großen VfL. Und er war nicht der einzige, der unseren Wundersturm am 1.Mai persönlich begutachten wollte. Ungefähr die gesamte Trainergilde aller höherklassigen Klubs der Umgebung war versammelt. Nur unsere Wunderstürmer lagen im Krankenhaus.

Ich zählte eins und eins zusammen: Da die versammelte Späherschaft nichts zu sehen bekam, hatten wir gute Chancen, unsere Afrikaner auch nächste Saison noch zu behalten. Natürlich konnte ich meine Entdeckung nicht für mich behalten und belatscherte Ali, dass wir vielleicht Glück gehabt hätten, dass dieser dumme Unfall grade vor diesem Spiel passiert war. Und was sagte Ali? Ali sagte: „Werden sehen.“

Dieses bekloppte „Werden sehen“. Doch diesmal verstand ich.

Es besteht also überhaupt kein Grund sich aufzuregen, dass RWE in dieser Saison abgestiegen ist. Und mit dieser beruhigenden Erkenntnis kann ich nach einem Jahr RWE auch wieder Schluss machen. Vielen Dank an alle, die mir aufgrund der Geschichten hier geschrieben haben. Macht’s gut und: „Ihr werdet es schon seh’n!“

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