Zwei Jahre Rot-Weiß
 
• Regionalliga 2000/2001
 
• Zweite Liga 2004/2005
Teil 2: mit Rezept
 
 

 

 

 
2004/2005-Teil 2: mit Rezept
 
4. MSV Duisburg - RW Essen 1:0
Tabellenstand
RWE weiter im Keller: Platz 17
 
5. Spieltag: RWE - Energie Cottbus, 19.09.2004
Kück muss man haben: RWE – Cottbus 4:2

Klar, Peter Foldgast war nach seinen zwei Treffern in aller Munde. Zwei Spiele, drei Tore, da bekommt jeder Fan Herzbubbern. Aber kennt hier jemand Kück, Marco Kück, Abwehrspieler, ein Bundesligaeinsatz für den Hamburger SV? Nein? Dann wird’s Zeit.

Marco Kück, geboren in Bremerhaven, 1,88 groß und blond, feierte einige Tage vor dem Spiel gegen Cottbus seinen 28. Geburtstag. Ob ihm nach Feiern zu Mute war, weiß ich nicht. Er kennt sich zwar mit Feiern aus – zwei Mal ist er schon in die zweite Liga aufgestiegen –, doch musste er stets die gleiche Erfahrung machen: Wann immer er glaubte, seine Karriere würde den entscheidenden Kick bekommen, war er es, der einen Kick in den Hintern bekam.

Am 5. April 1997 im zarten Alter von 20 Jahren bestritt Marco Kück sein erstes und letztes Bundesligaspiel. Nicht irgendein Bundesligaspiel, sondern das Spiel HSV gegen Bayern München vor knapp 60.000 Zuschauern; sein Gegenspieler: Jürgen Klinsmann. Nach 45 Minuten war die Bundesligakarriere von Marco Kück beendet. Hamburg hatte früh Spörl durch Platzverweis verloren, lag 0:2 zurück; Klinsmann hatte das 0:1 geschossen. Um überhaupt noch was zu reißen, wurde der Jungspund von Trainer Magath taktisch geopfert.

Nach einigen Jahren in der HSV-Reservetruppe ging Kück zur Saison 1999/2000 zum VFL Osnabrück, einem der heißen Aufstiegsanwärter in die zweite Liga. Tatsächlich packte Osnabrück in dieser Saison den Aufstieg. Nur für Marco Kück sollte trotz laufendem Vertrag kein Platz in der Zweitliga-Mannschaft sein. Er musste seine Beteiligung am Training einklagen und kehrte schließlich Mitte der Saison zurück in die Regionalliga, diesmal zum SV Wilhelmshaven.

Anfang 2003 wechselte Kück zu RWE. Zu diesem Zeitpunkt stand Rot-Weiß klar an der Spitze der Regionalligatabelle. Kück bekam von Trainer Pleß praktisch eine Stammplatzgarantie, weil ein Spieler seiner Länge im Mannschaftsgefüge fehlte. 14 Spiele in Serie war Essen ungeschlagenen, als Marco Kück seine Heimpremiere gegen Aufstiegskonkurrent Wattenscheid 09 erlebte: Das 0:4 war der Anfang vom Ende aller Zweitligahoffnungen.

Trotzdem gehörte Kück in den folgenden eineinhalb Jahren zum Stamm der Mannschaft. Seine Leistungen stabilisierten sich, und er bildete in der zweiten Saisonhälfte 2003/2004 mit Hilko Ristau zusammen die innere Mauer der Viererabwehrkette, an der die Gegner höchstens noch unter Tage vorbeigekommen wären.

RWE stieg auf. Marco Kück war rundum glücklich. „Es gab in der Truppe keinen, den ich nicht mochte, keinen, mit dem ich nicht gesprochen habe“, sagte er über die Aufstiegssaison in Essen. Er verlängerte seinen Vertrag um ein Jahr: ohne Berater, ohne Optionsgedöns, einfach so, denn die Lektion, dass ein Vertrag im Zweifelsfall nichts wert ist, hatte er schon hinter sich. Was sollte jetzt noch schief gehen?

Während der Vorbereitungsphase verletzte sich Marco Kück leicht, konnte die Vorbereitung nicht komplett durchziehen und verlor seinen Stammplatz in der Innenverteidigung an den Brasilianer Nascimento.

Da war es also wieder passiert. Endlich in der Zweiten Liga und Marco Kück musste zuschauen: vier Spiele lang keine einzige Einsatzminute. War er dafür aufgestiegen? Sollte sich die Geschichte vom Karriereknick statt Karrierekick wiederholen?

Nein. Gegen Cottbus war er von Anfang an dabei. Zwar in einer etwas ungewohnten Rolle – defensiv außen –, aber endlich auf dem Platz. In der ersten Halbzeit erledigte er seinen Job als ob er nie etwas anderes gemacht hätte, und es kam noch besser: Weil Nascimento gelb/rot-gefährdet zur Halbzeit ausgewechselt wurde, rückte Kück neben seinen alten Kumpel Hilko Ristau in die Innenverteidigung.

Kücks Glück hielt genau zwei Minuten. Dann sah er beim 1:1 der Cottbusser ziemlich dumm aus, als er zu halbherzig in den entscheidenden Zweikampf ging. Chance gehabt, Chance vertan?

Essen ging durch Foldgasts zweites Tor glücklicherweise wieder in Führung, fing sich aber gegen zehn Mann sogar das 2:2. Danach herrschte bei RWE nicht nur auf den Rängen das weltberühmte lähmende Entsetzen. Eine Viertelstunde lang lief nichts mehr zusammen. Wie so oft igelte sich die dezimierte Mannschaft ein und dem Team in Überzahl fehlten die Ideen. Es war zum Verzweifeln. Schon in den letzten drei Spielen wäre wesentlich mehr möglich gewesen als zwei magere Punkte. Und wenn man es gegen zehn nicht schaffte, gegen wen wollte man dann noch gewinnen? Sollte das Abenteuer Zweite Liga vorbei sein, bevor es so richtig begonnen hatte? Doch zum Glück gab’s Marco Kück.

In der 80. Minute flog der Ball nach einer abgewehrten Ecke sofort wieder in den Strafraum zurück. Dort stand – weil er bei Ecken immer mit nach vorn geht – Marco Kück, hielt den Fuß hin und der Bann war gebrochen: 3:2, die Vorentscheidung.

Während die RWE-Fans – vorsichtig formuliert – vor Freude austickten, reckte Marco Kück mal eben einen Arm in die Luft und trottete von seinen Mitspielern bestürmt auf geradem Weg zurück zu seinem Platz in der Abwehr. Kurze Umarmung mit Kumpel Ristau. Das war’s.

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5. RW Essen - Energie Cottbus 4:2
6. Wacker Burghausen - RW Essen 3:2
Tabellenstand
RWE steht auf Nichtabstiegsplatz 14
 
7. Spieltag RWE - Eintracht Frankfurt, 01.10.2004
Mach die Omas nicht traurig

Nach dem 4:4 zwischen RWE und Frankfurt kam es hinter dem Gästeblock des Georg-Melches-Stadions zu Ausschreitungen. Die offiziellen Quellen sprechen von 45 Verletzten. Wenn man sich die Berichte in den Fanforen anschaut, ist es anscheinend so gewesen, dass sich zwei gewaltbereite Gruppen gesucht und gefunden haben.

Essen und Frankfurt sind sicher nicht die einzigen Vereine, bei denen es Probleme mit Knalltüten gibt, die ihre Fäustchen ballen, sobald Papa Polizist nicht so genau hinschaut. Ich habe daher ein erquickliches Traktat ausgearbeitet, das die Interessenten in Sachen Körperverletzung wieder auf den rechten Weg führen soll.

Der Text ist möglichst einfach gehalten, damit er auch in alkoholgetränkte Kleinhirne einsickern kann. In seiner jetzigen Form auf RWE-Fans gemünzt, lässt er sich durch Austausch von Farben und Ortsnamen problemlos auf jeden Verein anpassen. Das Traktat darf für Flugblätter, Fanzines oder Webseiten verwendet werden, wenn vor der Veröffentlichung die geänderte Fassung mit mir abgesprochen wird. Als Titel verwende man obige Überschrift, denn erst wenn die Adressaten sich in der Argumentationsstruktur verfangen haben, sollen sie merken, worum es überhaupt geht. Und nun ab damit:

Fußball ist ein einfaches Spiel. Da spielen zwei Mannschaften. Die eine Rot-Weiß. Die andere anders. Auf dem Platz ist es egal, ob Schwarzer oder Weißer, Christ oder Moslem, Türke oder Deutscher. Es zählt nur eins: Spielt einer für oder gegen Rot-Weiß? Wer für Rot-Weiß spielt, hat die Unterstützung der Rot-Weiß-Fans. Wer gegen Rot-Weiß spielt, muss mit Pfiffen und anderen sagen wir mal Unfreundlichkeiten leben.

Auf den Rängen ist es ähnlich. Wen interessiert es, ob du viel oder wenig Geld, Hauptschulabschluss oder Abitur hast? Auch deine Religion, politische Ausrichtung oder Automarke ist völlig egal. Es zählt nur eins: Bist du für oder gegen Rot-Weiß? Wenn du für Rot-Weiß bist, ist dein Platz auf der Nordtribüne. Du darfst an der Stimmung im Georg-Melches-Stadion teilnehmen und sie genießen. Bist du gegen Rot-Weiß, musst du in den Gästeblock auf die Ost. Du wirst dir einige Sachen anhören müssen, die nicht unbedingt stubenrein sind.

So weit, so einfach. Doch dann kommt Geld ins Spiel. Es wird ein klein wenig komplizierter. Die Spieler, die für Rot-Weiß spielen, tun das nicht aus Liebe zum Verein. Sie wollen damit Geld verdienen. Das Geld kommt von den Fans, vom Fernsehen und von den Sponsoren. Will ein Verein nach oben, muss er investieren. Das geht nur über Sponsoren. Die pumpen Geld in den Verein, wenn die Erfolge noch nicht da sind.

Nun stell dir vor, so ein Sponsor liest in der Zeitung über Gewalt, Ausschreitungen, Krawalle nach dem Spiel. Wird ihn das glücklich machen? Nein, das wird ihn nicht glücklich machen. Als Sponsor möchte er nur mit guten Nachrichten in Verbindung gebracht werden. Wie soll er seinen Kunden erklären, dass er Geld für so einen Mist ausgibt? Er muss sich ja schämen, einen Verein zu unterstützen, der mit solchen Negativ-Schlagzeilen in der Presse steht.

Und ein unglücklicher Sponsor ist dazu im Stande, kein Geld mehr in den Verein fließen zu lassen. Und weniger Geld bedeutet weniger gute Spieler, bedeutet früher oder später weniger Erfolg, bedeutet weniger Zuschauer, weniger Fernsehen, bedeutet weniger Einnahmen, bedeutet weniger gute Spieler usw.

Kurz gesagt, wenn du dich nach dem Spiel prügelst, schadest du Rot-Weiß. Wenn du Rot-Weiß schadest, bist du gegen Rot-Weiß. Wenn du gegen Rot-Weiß bist, musst du auf die Osttribüne.

Natürlich kannst du nicht in Rot-Weiß-Klamotten in den Gästeblock. Du bist ja auch kein RWE-Fan mehr. Zieh dir also etwas Neutrales an oder tarn dich mit den Gästefarben. Dann darfst du dich dort nach Herzenslust mit Tausenden von Auswärtsfans prügeln. So eine Schlägerei unter Gästefans fällt nicht auf RWE zurück, und die eine oder andere Oma wird sicher ein Tränchen verdrücken, wenn sie während ihres Friedhofspaziergangs auf deinem Grabstein liest, dass du so jung verstorben bist.

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7. RW Essen - Eintracht Frankfurt 4:4
8. Karlsruher SC - RW Essen 4:1
9. RW Essen - 1.FC Köln 2:2
10. Dynamo Dresden - RW Essen 1:0
Tabellenstand
RWE ist wieder auf dem letzten Platz angekommen
 
11. Spieltag: RWE - Saarbrücken, 31.10.2004
Zwischenbilanz: Paul Cézanne in Essen

Wer es noch nicht weiß, dem sei es hiermit gesagt: Seit einigen Wochen läuft in Essen die große Cézanne-Ausstellung. Schaut man sich die Zwischenbilanz von Rot-Weiß nach einem Drittel der Saison an, muss man sagen: Nach Essen gehört sie auch hin.

Zu Beginn seiner Karriere lief es nicht besonders gut für Cézanne. Regelmäßig wurden seine Bilder beim Salon, der großen jährlichen Pariser Kunstausstellung, abgelehnt. Als die Impressionisten 1874 ihre erste eigene Ausstellung organisierten, ergoss sich Hohn und Spott über ihn. Die Charakterisierung als „Wahnsinniger im Delirium tremens“ musste sich der Essener Torwart Wulnikowski im ersten Spiel nach sieben Jahren RWE-Zweitliga-Abstinenz zwar nicht gefallen lassen, doch das 0:4 gegen Aue zur Halbzeit dürfte überall Gelächter verursacht haben – außer in Essen.

Nach dieser Auftaktpleite kämpfte sich Rot-Weiß Pünktchen für Pünktchen in die zweite Liga. Doch nach elf Spielen steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag. 17 Tore reichten nur für zehn Punkte, dem Tabellenersten Fürth langten für seine 23 Punkte ganze 13 Tore. Auch Cézanne war bekannt dafür, dass er einen riesigen Aufwand bei seinen Bilder betrieb. Farbtupfer wurde neben Farbtupfer gesetzt, bis jedes Bildfleckchen mit jedem Bildfleckchen harmonierte. Und über farblose Spiele kann man sich bei RWE wahrlich nicht beklagen. 40 Tore fielen in 11 Partien, allein 24 zwischen dem fünften und achten Spieltag. Sechs Tore pro Spiel: Da soll man nicht verrückt werden.

Wenn schon nicht verrückt, dann doch als etwas verschroben galt Paul Cézanne seinen Zeitgenossen. Nicht nur, dass manch ein Bild Jahre bis zur Fertigstellung brauchte, einige ließ er gar nach einem endlosen Hin und Her unvollendet. Ein Phänomen, mit dem sich RWE in dieser Saison ebenfalls herumzuschlagen hat. Der 4:4-Ausgleich der Frankfurter in letzter Minute und gegen Köln in Überzahl die beiden Podolski-Tore kurz vor Schluss zum 2:2, da kann man schon mal den Pinsel frustriert in die Ecke werfen.

Die hoffentlich letzte Gemeinsamkeit zwischen Paul Cézanne und Rot-Weiß Essen ist das unterschiedliche Auftreten zu Hause und auswärts. Cézanne in der Fremde galt als schüchtern, misstrauisch, tölpelhaft. Mit einem Punkt aus fünf Auswärtsspielen steht RWE nicht besser da, zumal Torwart René Renno manch ein Desaster mit malerischen Paraden verhinderte. Zu Hause in Aix in der Provence legte Cézanne die Basis für seinen späteren Ruhm und die moderne Malerei. RWE hat mit dem 2:0 gegen Saarbrücken an diesem Wochenende das Heimpunktekonto auf neun geschraubt. Aber bis zum Ruhm – sprich Klassenerhalt – ist es noch ein langer Weg.

Bei nur noch zwei Heimspielen in der Hinrunde ist klar, dass Essen diese gegen 1860 und Ahlen gewinnen muss. Kommt der eine oder andere Auswärtspunkt hinzu, hat man eine gesunde Basis für die traditionelle Punkterallye der abstiegsbedrohten Teams in der Rückrunde. Sollte sich RWE jedoch ein weiteres unvollendetes Werk leisten, dann könnte sich eine der Weisheiten des alten Meisters bewahrheiten. „La vie est affreuse“, pflegte Paul Cézanne zu sagen. Frei übersetzt: Die Liga ist furchtbar.

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11. RW Essen - 1.FC Saarbrücken 2:0
12. RW Oberhausen – RW Essen 1:1
13. Alemannia Aachen – RW Essen 1:1
14. RW Essen - TSV 1860 München 0:0
15. SpVgg Greuther Fürth – RW Essen 3:2
Tabellenstand
Nach einem kurzen Zwischenhoch ist RWE erneut Tabellenletzter
 
16. Spieltag: RWE - LR Ahlen, 03.12.2004

Wie man ein Freitagabendspiel gewinnt: RWE – LR Ahlen

Finsterer Aberglaube beherrscht die Stätten des modernen Profifußballs. Trainer erscheinen immer im selben Pullover. Spieler schwören auf weiße Ballettschühchen. Und manch ein Fan kommt nur auf dem siegbringenden Umweg zum Stadion. Es wird Zeit, mit diesem Mumpitz aufzuräumen und mit wissenschaftlicher Genauigkeit die Gründe für Sieg und Niederlage herauszuarbeiten.

Bisher war RWE in den Sonntags-Heimspielen erfolgreich: zwei Spiele, zwei Siege. Doch freitags gab es nur Ein-Punkt-Stottereien. Das Problem bestand darin, die wissenschaftliche Erfolgsformel der Sonntagsspiele auf den Freitag zu übertragen. Dieses Problem ist nun gelöst:

Die Vorbereitung beginnt exakt 24 Stunden vor dem Anpfiff mit dem Besuch eines gottesfürchtigen Schauspiels. Glücklicherweise muss man sich dafür keine harte Bank in einer kalten turmgespitzten Halle mit ein paar alten Leuten teilen, sondern kann sich das Ganze per DVD ins Haus holen:

"Der Pfad der Gerechten ist auf beiden Seiten gesäumt mit Freveleien der Selbstsüchtigen und der Tyrannei böser Männer. Gesegnet sei der, der im Namen der Barmherzigkeit und des guten Willens die Schwachen durch das Tal der Dunkelheit geleitet. Denn er ist der wahre Hüter seines Bruders und der Retter der verlorenen Kinder.

Und da steht weiter: Ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen, meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, dass sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe."

Dieses Zitat stammt aus Kapitel 21 „Göttliche Vorsehung“ des von Bruder Quentin Tarantino gedrehten göttlichen Werkes „Pulpus Fictionus“. Inspirierend an der Szene ist, dass im Anschluss an die Predigt die beiden Killer Vincent Vega und Jules Winnfield erst einem Jungen das T-Shirt vollbleien, dann einen Kugelsturm unverletzt überstehen, um kühl mit einem Konter die Geschichte zu entscheiden. Was kann sich ein Fußballfan mehr wünschen als einen solchen Spielverlauf?

Ob man wirklich den ganzen Film schauen muss oder Kapitel 21 reicht, bedarf weiterer wissenschaftlicher Erforschung. Für eine endgültige Aussage ist die Datenlage mit drei Heimsiegen noch zu dünn.

Der Tag des Spiels muss arbeitsfrei sein. Für RWE-Fans bekanntlich kein Problem, da eh alle arbeitslos bis auf die Leuten auf den teuren Sitzplätzen. Deren Herkunft ist noch nicht zweifelsfrei geklärt. Möglicherweise handelt sich um Personen, die in lebenslänglichen ABM-Maßnahmen als Beamte oder Politiker ihren Dienst tun. Eine soziologische Feldstudie soll darüber Aufklärung bringen.

Wichtig ist nun der Nachmittag. So etwa gegen zwei sollte sich ein RWE-Fan auf den Weg zum Friseur machen. Nicht zu irgendeinem Friseur, sondern zu Friseur Söller auf der Rüttenscheider Straße. Die Wahl des falschen Friseurs kann fatale Folgen haben und ist unter dem Namen Podolski-Syndrom bekannt geworden..

Friseur Söller ist ein alter Meister seines Fachs. Der Betrieb existiert in der zweiten Generation und feierte dieses Jahr sein siebzigjähriges Bestehen. Wer schwatzhafte Friseure nicht ausstehen kann, ist hier genau richtig. Der alte Meister beherrscht die Kunst des schweigenden Trockenhaarschnitts wie ein Samurai die Kunst des stillen Todes. Wer’s nicht ganz so still mag, kann durchaus das Stichwort RWE fallen lassen. Obwohl Schwarz-Weiß-Fan, kann man gut mit dem Mann reden.

Für den Rest des Nachmittags gilt die einfache Regel: kein Sex, keine Drugs, kein Rock ’n’ Roll. Gerade harte Musik zum Aufputschen oder das Bierchen zur Beruhigung ist völlig verkehrt. Daraus resultieren solche Nervenschocker wie das 4:4 gegen Frankfurt. Nein, ganz bewusst muss man die Spannung auf natürliche Weise steigen lassen, um sie dann im Stadion mit Support zu entladen.

Ein harter Schlag für alle Anfahrweg- und Klamottenfetischisten dürfte die Erkenntnis sein, dass diese Variablen keine Signifikanz für das Ergebnis haben. Ein Doppelblindtest mit zwei Dutzend Freiwilligen hat dies zweifelsfrei ergeben.

Noch härter trifft es allerdings Dauerkartenbesitzer. Der Weg zum Erfolg führt nur über Tagestickets von der ersten Nordtribünenkasse ganz links. Nur dort darf man sich anstellen und wenn man an der Reihe ist, folgenden Spruch loslassen: „Ein Mal mit drei Punkte.“ „Haha“ sagt dann die Kassiererin. „Drei Punkte kosten extra.“ „Kein Problem“, muss man dann sagen, schiebt einen Zehner rüber und lässt das Wechselgeld liegen.

Ich weise darauf hin, dass das hochdeutsch-grammatikalisch richtige „mit drei Punkten“ nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Das Spiel gegen 1860 hat dies gezeigt. Es muss ausdrücklich pottdeutsch „mit drei Punkte“ heißen.

Nachdem auch diese letzte Stolperfalle umgangen wurde, hat ein RWE-Fan die Vorbereitung erfolgsoptimiert abgeschlossen. Was gemeinhin als Erfolgsfaktor innerhalb des Stadions gilt, ist wiederum völlig ohne Relevanz: Weder Art und Ausmaß des Supports noch die Leistung auf dem Platz sind entscheidend für das Ergebnis. Wissenschaftlich gesehen unter Berücksichtigung aller bekannten Größen lässt sich der Erfolg auf die einfache Formel bringen: RWE hat ein Tor geschossen, Ahlen nicht. Mehr gibt’s zu diesem Spiel nicht zu sagen.

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16. RW Essen - LR Ahlen 1:0
17. SpVgg Unterhaching – RW Essen 4:0
Tabellenstand
RWE schließt die Hinrunde mit 16 Punkten als Letzter ab
 
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Teil 2: mit Rezept